Haushaltsrede 2022

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

sehr geehrte Ratsmitglieder,

sehr geehrte Verwaltung,

sehr geehrte Menschen aus Waltrop,

 

vor allem am Anfang des Jahres haben wir Menschen in Waltrop oft allein Zeit zu Hause verbracht, da die Corona-Pandemie uns voneinander trennte. Die aktuellen Zahlen lassen diesen Abstand auch für das Ende des Jahres 2021 befürchten.

 

Auch Bürgermeister Mittelbach war unserer Meinung nach dieses Jahr auf Abstand und handelte vor allem im politischen Bereich alleine. Das hat man auch in einigen Abstimmungsergebnissen im Rat oft genug mitbekommen. So verlief die hochgepuschte Linksabbiegerspur auf dem Marktplatz „im Sande“. Aufgrund des mangelnden Austausches der Parteien unter fehlender Anleitung des Bürgermeisters war diese Marktplatz-Diskussion ein berühmter „Griff ins Klo“.

 

Am Ende stimmte die Mehrheit gegen das Linksabbiegen und gegen die Sperrung zwischen Marktplatz und dem Parkplatz Bahnhofstraße. Ergo viel Rauch um Nichts. Dank der Verwaltung wurde dann, ohne Nachfrage im Rat, aus dem Zwischenweg eine offizielle Einbahnstraße gemacht - ohne, dass es überhaupt eine offizielle Straße ist. Und jetzt raten Sie mal, wen diese Einbahnstraße interessiert? Richtig. Niemanden. Bei jeder Sitzung hier in der Stadthalle sehen wir innerhalb von zwei Stunden mindestens 20 Autos entgegen der Einbahnstraße fahren. Toleranz verstehen wir anders!

 

Aber ich möchte ehrlich sein, nicht nur der Bürgermeister, auch ich und damit auch meine Grüne Fraktion, hat seit der neuen Amtszeit zunächst allein gearbeitet und wenig den Austausch zu anderen Parteien gesucht. So wurde zum Beispiel unser Grüner Antrag zur Temporeduzierung in der Riphausstraße abgelehnt. Aus diesem Fehler haben wir gelernt, weshalb wir in Zukunft mehr den Austausch mit anderen Fraktionen suchen wollen.

 

Angefangen haben wir mit der besseren Zusammenarbeit mit anderen Parteien bei dem Planfeststellungsverfahren zur B474n diesen Sommer 2021. Leider konnten wir Grünen beim wichtigsten Thema für unsere Zukunft in Waltrop - der Autobahn B474n - nur Bedenken bei SPD und CDU auslösen. Dabei wäre gerade hier eine Ablehnung gegen diese 30 Meter breite Schneise der Verwüstung quer durch Waltrop extrem wichtig für unsere Zukunft gewesen. Ich bin mir sicher, wenn diese Autobahn B474n trotz aller Bedenken doch noch gebaut wird, wird Waltrop von zukünftigen Generationen für diesen klimaschädlichen Fehlschlag ausgelacht. Die B474n wird die weitaus schlimmsten Folgen und Kosten für unsere Stadt und vor allem für unsere Zukunft haben. Diese Umweltsünde wird Naturschutzgebiete, Ackerflächen und etlichen Anwohner:innen ihre Heimat kosten. Außerdem wird sie für die Tierwelt einen unüberwindlichen Wall bedeuten und die Menschen in Waltrop mit mehr Lärm und mehr CO2 schädigen. Das Schlimmste daran ist aber, dass diese Autobahn keinerlei Nutzen für unsere Stadt hat, sondern lediglich für den newPark auf Dattelner Gebiet entsteht und somit noch mehr schädliche Belastungen auf unsere Stadt zu kommen.  

Das entspricht keinesfalls den Werten unserer Stadt, welche im Vorbericht 2020 auf Antrag der Grünen hin gemeinsam festgelegt wurden. Hierzu ein Zitat aus dem aktuellen Vorbericht: “Die Stadt Waltrop strebt an, bis zum Jahr 2040 klimaneutral zu sein. Der Flächenverbrauch soll bis 2040 sukzessive reduziert werden, mit dem Ziel, sich ab 2040 ausschließlich auf bereits erschlossene und leerstehende Grundstücke zu beschränken. Die Stadt Waltrop unterstützt dieses Ziel ausdrücklich, indem eine Innenverdichtung Vorrang vor einer Ausweisung neuer Baugebiete erhält. Klimaneutrale Fortbewegungsarten zu Fuß oder mit dem Fahrrad sollen eine höhere Priorität und mehr Platz in Waltrop bekommen. Mittel für die Konzeptionierung von Klimaanpassungsmaßnahmen werden bereitgestellt.“ (Haushalt 2022 - S.17).

 

Wir Grünen freuen uns sehr, dass im kommenden Haushalt die Stelle eines/einer Klimamanger:in eingeplant ist. Wir hoffen, dass wir die Fördermittel für diese:n Klimamanager:in zum Anfang des Jahres bestätigt bekommen, damit Waltrop schnellst möglichst mit einem Klimakonzept starten kann. Vor allem hoffen wir, dass diese:r Klimamanger:in allen Bereichen und bei allen Parteien wirkliches Gehör finden und wichtige Maßnahmen durchsetzen kann. Was jedoch wieder im Haushalt fehlt, sind klare Mittel für Klimaanpassungsmaßnahmen, z.B. mehr Sträucher und Grün in der Fußgängerzone um die Temperatur in den heißen Monaten zu reduzieren. Die 150.000 Euro für Umsetzungen des gemeinsam beschlossenen Mobilitätskonzepts begrüßen wir sehr. Auch als Maßnahmen für eine klimaschonendere Mobilität.

 

Die womöglich größten Kosten für Waltrop in den kommenden Jahren werden vermutlich durch den Neubau der Feuer- und Rettungswache entstehen. Mit ca. insgesamt 25 Mio. Euro Kosten rechnet die Stadt Waltrop für diesen Neubau. Ein Neubau, der unserer Meinung nach schon viel zu lange auf sich warten lässt. Wir bitten die Verwaltung und den Bürgermeister deshalb erneut hierbei einen Gang zuzulegen, um weitere Kosten aufgrund längerer Wartezeit zu vermeiden. Denn Geld wird bekanntlich nicht mehr wert, je länger man wartet.

 

Das zweite Projekt, das in den kommenden Jahren zu hohen Kosten führen wird, ist die Erschließung des „Dicken Dören“. Auch hier haben wir in der vergangenen Zeit immer mehr Bauchschmerzen bekommen. Die nötige Versiegelung des Bodens, die Gefahren an Kanalwand und Brücke, die Nähe des Naturschutzgebiets „Groppenbach“ ließen uns an diesem Projekt immer zweifeln. Die Zweifel werden immer größer, da das Projekt vor allem ursprünglich für den Erhalt von 250 Arbeitsplätzen des Unternehmens Langendorf vorangetrieben wurde. An der Anzahl der Arbeitsplätze muss jetzt jedoch erheblich gezweifelt werden.

 

So große bevorstehende Kosten zeigen uns Politiker:innen, dass wir in Zukunft kreativ werden müssen, um Veränderungen in der Stadt mit kleinem Budget vorantreiben zu können. Wir Grünen freuen uns deshalb sehr, dass wir durch die neu ins Leben gerufene Regenbogenflaggen-Aktion für mehr Toleranz und Vielfalt in Waltrop aufrufen konnten. Dies soll auch weiterhin in den nächsten Jahren immer am 17. Mai, dem internationalen Tag gegen Homophobie und Transphobie (IDAHO), beworben werden.

 

Unterstützend dazu sind wir sehr glücklich darüber, endlich wieder eine Gleichstellungs-beauftragte in Waltrop zu haben. Mareike Berwerger und Stefan Wilke haben es innerhalb kürzester Zeit geschafft, einen passenden Gleichstellungsplan bis zum Jahr 2025 zu initiieren und somit die Emanzipation in Waltrop voranzutreiben. Vielen Dank dafür.

Nicht nur Frauen, auch diverse Personen und Männer, werden in Waltrop Räume kennen, in denen sie sich nicht wohl fühlen. Hierzu haben wir Grünen beantragt, dass in Waltrop das Thema Angsträume automatisch verankert wird. Die Verwaltung hatte uns im persönlichen Gespräch dabei bestätigt, dieses Thema in die Waltrop App zu integrieren. So sollen in Zukunft nicht nur Verschmutzungen und Missstände gemeldet werden können, sondern auch Angsträume für Menschen in Waltrop. Dieses Meldesystem könnte so die Arbeit in der Politik und Verwaltung erleichtern und auf Räume schneller aufmerksam machen, in denen sich Jung und/oder Alt unsicher, unwohl oder ängstlich fühlen.

 

Auch die Vergangenheit wollen wir in Waltrop nicht aus den Augen lassen. Der Arbeitskreis Jüdisches Gedenken bildete sich 2020 und hat dieses Jahr ohne Kosten für die Stadt durch eine Crowdfundig-Aktion viel Geld gesammelt, damit dem alten Jüdischen Friedhof wieder mehr Würde verliehen werden kann. Dieser Arbeitskreis hat sich zum Ziel gesetzt, möglichst viele Bürger: innen zu erreichen und einzubinden. Dabei setzten sie besonders auf eine Erinnerungskultur an Waltroper Schulen. Um dieses Projekt auch in Zukunft weiter entwickeln zu können, muss Waltrop diesen Arbeitskreis auch finanziell unterstützen, deswegen haben wir dies im neuen Haushalt mit 5.000 € untermauert.

 

Corona hat uns Menschen in Waltrop deutlich gemacht, dass wir manche Dinge ändern müssen und Chancen für unsere Zukunft nutzen sollten. Im persönlichen Austausch mit dem Kinder- und Jugendparlament (KiJuPa) in Waltrop haben wir dabei mit Freude feststellen können, dass an allen Schulen in Waltrop die Digitalisierung ernster genommen wird. Dies sollten wir nicht aus den Augen verlieren und weiter unterstützen.

 

Um weiterhin Kosten zu sparen, möchten wir zum Schluss für mehr interkommunale Zusammenarbeit werben. Denn nicht nur Corona hat gezeigt, dass die ganze Welt vernetzt ist. Lasst uns mit gutem Beispiel vorangehen und den Austausch mit unseren Nachbarstädten und Kreisstädten suchen. Hiermit könnten wir zum Bespiel anfangen, indem wir gemeinsam mit einer weiteren Kommune einen Panzerblitzer anschaffen. Nicht nur wir Grünen, auch die meisten Menschen in Waltrop, wollen mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Dies wurde besonders deutlich bei der vergangenen Bürgerversammlung zur Hochstraße, in der die Anwohner:innen forderten, Kosten zu sparen und die Umwelt zu schonen, indem aus ihrer Straße eine Fahrradstraße wird, mehr geblitzt und das Parken kostenpflichtig wird, um die Parkplatzsituation der Anwohner:innen zu verbessern.

 

Wir werden weiterhin mit daran wirken, dass für „grüne“ Themen alle Fördergelder von Bund und Land genutzt werden und hoffen, dass Bürgermeister Mittelbach und die Stadtverwaltung gemeinsam mit uns an der konsequenten Umsetzung unserer städtischen Klimaziele arbeiten.

 

Der vorliegende Haushalt zeigt noch nicht genug Maßnahmen, die ein wirkliches Umdenken im Bereich Umwelt- und Klimaschutz erkennen lassen. Dennoch werden wir ihm zustimmen, da wir einige Akzente erkennen können und respektieren müssen, dass die Darstellung eines ausgeglichenen Haushaltsplans unter den Pandemie-Defiziten eine Aufgabe mit wenig Entscheidungsspielraum darstellt.

 

Mit freundlichen Grüßen 

 

Marc-Peter Selzer

Fraktionsvorsitzender Bündnis 90/Die Grünen Waltrop